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Zeitzeugenbericht zur Familie Hilzheimer, zitiert nach Eberhard Schiel

Zeitzeugenbericht-Hilzheimer_Schiel

Feier der Synagogengemeinde Stralsund, Artikel aus der „Central-Verein-Zeitung“ vom 14.10.1937, abgerufen am 30.01.2021,11:07

Zeitzeugenbericht zur Familie Dorn

Zeitzeugenbericht-zu-Familie-Dorn

Zeitzeugenbericht David Mandelbaum

Zeitzeugenbericht-David-Mandelbaum

Zeitzeugenbericht Kurt Zimmerspitz

Zeitzeugenbericht-Kurt-Zimmerspitz_Schiel

Zeitzeugenbericht zu Carl Böhm

Zeitzeugenbericht-zu-Karl-Boehm-Familie-Joseph-Faehrstrasse

Die Interviews der USC Shoah Foundation

Die amerikanische Shoah Foundation (Survivors of the Shoah Visual History Foundation) fertigte in den Jahren zwischen 1990 und 2000 Zeitzeugeninterviews an, in denen Überlebende des Holocausts an ihren aktuellen Wohnorten zu ihren Erlebnissen und Begegnungen während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland befragt wurden. 

Für Stralsund liegen folgende Interviews in Stralsund gebürtiger bzw. ehemals gelebter Juden mit Videosequenzen und Fotos vor:

Interview Code                   Name                                                    Sprache

  1. 46260                     Irmgard Miller, geb. Joseph                   Englisch
  2. 13232                     Samuel Leon Sobel                               Englisch
  3. 22415                     Kurt Zimmerspitz                                   Spanisch
  4. 11178                     Hans- Oskar Löwenstein de Witt          Deutsch
  5. 27820                     Mia Findling, geb. Kösten                      Spanisch

Weitere 5 gleichartige Interviews gibt es von Kriegsgefangenen verschiedener Nationalitäten, die eine Zeit in Stralsund zugebracht haben. Das sind:

  1. 50020                     Livia Georgescu                                   Rumänisch
  2. 21594                     Rinah Bar                                             Hebräisch
  3. 36879                     Jerzy Czarnecki                                   Deutsch
  4. 28631                     Sonia Rozenberg                                 Russisch
  5. 49887                     Levis Errikos                                        Griechisch

„Von mehr Leid Liedlein singen“, Ausstellung im Stralsund-Museum

https://www.stralsund-museum.de/Ausstellung/Museum-auf-der-Strasse/Von-mehr-Leid-Liedlein-singen/

Quelle: Internetauftritt des Stralsund-Museums, abgerufen am 05.12.2023
https://youtu.be/XpHFyepz578

Quelle: Intertnetauftritt des Stralsund-Museums, abgerufen am 20.12.2021

Das Sammellager St. Cyprien/Frankreich

St. Cyprien ist eine französische Gemeinde im Département Pyrénées-Orientales, Region Okzitanien, an der spanischen Grenze. Sie ist geteilt in zwei Orte – Plage und Village. Plage liegt an der Küste des Mittelmeeres (Golf du Lion) und Village vier Kilometer landeinwärts.

In St. Cyprien Plage betrieben die französischen Behörden zwischen 1939 und 1940 ein Internierungslager für Flüchtlinge (Internationalisten) des Spanischen Bürgerkrieges 1936 bis 19391. Einer dieser Internierten war der deutsche Schriftsteller und Internationalist Erich Weinert, der seiner Zeit in St. Cyprien ein ganzes Kapitel in seinem Buch “Camaradas” (1951) widmete.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Lager aufrechterhalten. Ab Mai 1940 gelangten vor allem deutsche und internationale Juden, die vor dem Nationalsozialismus nach Belgien geflohen waren und nach der Besetzung Belgiens durch die deutsche Wehrmacht von den belgischen Behörden nach Frankreich getrieben und dort von der französischen Vichy-Regierung nach St. Cyprien-Plage geschafft wurden, in das Sammellager. Unter ihnen war der Stralsunder Adolph Polewoy. Das Archiv des Départements Pyrénées-Orientales bewahrt die “Listen von Saint-Cyprien”, die auf 152 Seiten die Namen und die Besitztümer der Internierten erfassten. Erstellt wurden sie durch den Lagerkommandanten zwischen dem 4. und dem 7. Oktober 1940.

Viele Internierte wurden später in die Lager Gurs oder Drancy gebracht und, wenn sie nicht vor Entkräftung oder durch Krankheit vorher starben, von dort in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo sie in den Gaskammern umkamen.

Quellen:

  1. Wikipedia, abgerufen am 03.12.2021, 11:00
  2. Marcel Bervoets: La Liste de Saint Cyprien: L’odyssée de plusieurs milliers de juifs expulsés le 10 mai 1940 par les autorités belges vers des camps d’internement du…France, antichambre des camps d’extermination, Verlag ALICE, 19. Oktober 2006

1 Der Spanische Bürgerkrieg endete mit einem Sieg der Putschisten unter General Franco, was für die internationalen Freiwilligen auf Seiten der demokratisch gewählten Republikaner Verfolgung, Internierung und im schlimmsten Fall den sicheren Tod bedeutete.

Kindertransporte nach England

Als sich nach der Kristallnacht und den Novemberpogromen eine Radikalisierung der nationalsozialistischen Politik gegenüber den Juden immer mehr abzeichnete, begann in Europa eine beispielhafte Aktion zur Rettung von 10.000 jüdischen Kindern, die unter dem Namen „Kindertransporte1“ in die Geschichte einging. Sie dauerte nicht einmal ein Jahr – vom 1. Dezember 1938 bis zum 1. September 1939. Großbritannien, die Schweiz, Holland, Belgien, Frankreich und Schweden waren bereit, ihre restriktive Einwanderungspoltik auszusetzen und unbegleitete Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 17 Jahren sowohl aus dem Deutschen Reich als auch aus den besetzten Gebieten aufzunehmen. Das britische Parlament machte dafür am 21. November 1938 den Weg frei. Voraussetzung der Aufnahme war eine Bürgschaft von 50 Pfund Sterling pro Kind. Für diese Summe kam die Jüdische Gemeinde2 auf. Die Kosten des Transportes und der nachfolgenden Betreuung trugen die beteiligten Flüchtlingsorganisationen, allen voran das „Refugee Children‘s Movement“3 (RCM). Privatpersonen, die Reichsvertretung der Juden in Deutschland, die Israelitische Kultusgemeinde in Wien und das britische RCM arbeiteten eng zusammen und es gelang ihnen in kürzester Frist, die ersten „Kindertransporte“ zu organisieren. Die Einreise erfolgte auf der Basis von Namenslisten und nicht, wie sonst üblich, durch einzelne Reisedokumente. Die durch die Nationalsozialisten aufgestellten Bedingungen für die Transporte betrafen in erster Linie materielle Details. Die Kinder durften nur einen Koffer, eine Tasche und zehn Reichsmark mit sich führen; Spielsachen, Bücher und Wertsachen waren verboten. Der erste Transport – 196 jüdische Kinder – verließ am 1. Dezember 1938 per Zug Berlin und ging über den niederländischen Hafen Hoek van Holland und die Fähre nach Harwich/London. Bei der Ankunft am nächsten Tag wurden die Kinder in die Auffangzentren Pakefield und Dovercourt gebracht und später dann zu ihren Pflegefamilien. Der Stralsunder Wolfgang/Zeev Fliesswasser und sein Stiefbruder Abraham Grossmann waren unter den Kindern, die mit den Transporten 1939 Deutschland verließen und Dovercourt erlebten. Wolfgang fand anschließend in Hemel Hempstead eine Pflegefamilie. Helma Riess emigrierte bereits 1939 nach Palästina. Auch der englische Hafen Southampton war Ziel von Zügen der Kindertransporte. Während in den ersten Monaten vor allem Züge mit deutschen Kindern ankamen, folgten später die Züge aus dem besetzten Wien und im Februar und August 1939 drei Züge mit polnischen jüdischen Kindern. Seitens der in Deutschland mit dem Kindertransport betrauten Stellen, war man bestrebt, zuerst die von Haft und Konzentrationslager bedrohten Jugendlichen aus dem Lande zu bringen. Später folgten dann die Jüngeren. Für die Unterbringung in England stellte dies ein Problem dar, denn viele freiwillige Pflegefamilien waren in erste Linie an jüngeren Kindern interessiert. So kam es zur Einrichtung von Auffanglagern in den Ferienlagern Pakefield bei Lowestoft und Dovercourt bei Harwich. Da Pakefield nach kurzer Zeit wegen ständiger Überschwemmung wieder geschlossen werden musste, konzentrierten sich bald 1.000 Kinder und Jugendliche jeden Alters und verschiedenster Herkunft in Dovercourt. Die Bedingungen waren nicht die besten: zu der einfachen Unterkunft ohne Heizmöglichkeiten kamen ungewohntes Essen, fremde Bezugspersonen, kaum Freizeitbeschäftigungen und wachsende Langeweile. Eine Verbesserung trat erst ein, als Anfang 1939 Anna Essinger4 vom RCM nach Dovercourt kam. Sie begann, Kurse und gemeinsame Aktionen zu organisieren und konnte so das Leben in Dovercourt für die dortigen Kinder erträglicher gestalten. Jeden Sonntag kamen aufnahmebereite Ehepaare und suchten sich Kinder aus. Das führte dazu, dass Geschwister getrennt wurden und oftmals diejenigen – auch wiederholt – zurückblieben, die nicht sofort einen günstigen Eindruck auf die Besucher gemacht hatten. Für sie richtete das RCM Heime ein5. Das Leben in den Pflegefamilien bedeutete nicht immer das Ende aller Sorgen. Davon erzählen viele Betroffene, die nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit gingen. Ganz in den Hintergrund traten in dieser besonderen Lage auch religiöse Fragen, denn es konnte seitens der Flüchtlingsorganisationen und des RCM nicht garantiert werden, dass alle Kinder und Jugendliche jüdischen Pflegefamilien zugeordnet wurden. Besonders orthodox erzogene Flüchtlinge hatten Probleme, die Anforderungen ihrer Religion mit der neuen Lebenswirklichkeit in Einklang zu bringen. Ende August 1939 hatte das RCM kein Geld mehr, um weitere Kinder aufzunehmen und zeitweise zu betreuen. Der Kriegsausbruch im September schloss dann endgültig die Türen nach England. Bei der folgenden Evakuierung von britischen Kindern und schwangeren Frauen aus den größeren englischen Städten wurden auch die jüdischen Kinder der Transporte in das Landesinnere gebracht und fanden teilweise Unterkunft bei neuen Familien. Im Juni 1940 ordnete die britische Regierung dann die Internierung von deutschen Jugendlichen6 und Erwachsenen in Lagern an; unter ihnen befanden sich 1.000 Teilnehmer der Kindertransporte. 400 „Kinder“ wurden nach Kanada und Australien transportiert. Während des Transportes kam es zu Misshandlungen, deren Bekanntwerden Ende 1940 zur Freilassung aller Internierten aus den Lagern führte. Ungefähr 1.000 jüdische Deutsche und Österreicher nahmen das Angebot der Alliierten an und kämpften in den Reihen der alliierten Streitkräfte gegen die deutsche Wehrmacht, sei es als einfache Soldaten oder als Teil von Spezialeinheiten, in denen sie aufgrund ihrer Sprachkenntnisse wertvolle Dienste leisten konnten. Für die vielen, die zu jung waren oder wegen anderer Umstände nicht für den Militärdienst in Frage kamen, war die Kindheit aufgrund mangelnder finanzieller Mittel mit 16 Jahren zu Ende. Sie mussten sich eine der wenigen Lehrstellen oder eine Arbeit suchen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Einigen von ihnen gelang es unter vielen Mühen, den höheren Schulabschluss abzulegen. Es gibt sogar zwei Nobelpreisträger unter den „Kindern“ – Arno Penzias7 und Walter Kohn8. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten viele Flüchtlingskinder erfahren, dass ihre Eltern den Nationalsozialismus nicht überlebt hatten; sie selbst manches Mal die einzigen Überlebenden ihrer Familien waren. Die wenigen, deren Eltern wie durch ein Wunder am Leben geblieben waren, mussten die Erfahrung machen, dass sich zwischen ihnen und ihren Ursprungsfamilien teilweise tiefe Gräben auftaten und ein gegenseitiges Verständnis sehr schwer war. David Cesarani9 schreibt in seiner Einführung zum Buch „Kindertransport in eine fremde Welt“ folgende Zeilen: „Obwohl nur ein sehr kleiner Prozentsatz der „Kinder“ auf Grund körperlicher oder seelischer Krankheit gestorben war, war doch niemand völlig unbeschadet davongekommen. Sie alle fühlten, dass Sie die Unschuld der Kindheit zu früh verloren hatten. Die Art, wie sie aufgewachsen waren, hatte in ihnen kein klares Verständnis hinterlassen, zu wem sie gehörten, andererseits hatten sie die Befürchtungen, dass jede neuerliche Bindung mit Vorsicht zu genießen sei. Sie erkannten, dass Sie ihr Leben einem Zufall zu verdanken hatten, und fühlten sich verpflichtet, etwas Sinnvolles daraus zu machen; allerdings herrschte auch eine Art von Schuldgefühl vor, dass so viele andere – einschließlich ihrer Eltern – nicht das Glück gehabt hatten, zu überleben.“10 Quellen:
  1. „Die Listen des Überlebens“, Artikel des “Tagesspiegel“ vom 30.11.2018, unter: www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/kindertransporte, abgerufen am 29. Dezember 2021
  2. „Die Kindertransporte 1938/1939“, Bericht zu Ausstellung des Leo-Baeck-Institute – New York/Berlin, unter: www.dhm.de/blog/2018/11/29/die-kindertransporte-19381939, abgerufen am 29. Dezember 2021
  3. www.kindertransport.org der Kindertransport Association (KTA), abgerufen am 29. Dezember 2021
  4. Mark Jonathan Harris: Kindertransport in eine fremde Welt, Taschenbuch, Goldmann Verlag, München, 2000
  5. Into the arms of strangers. Stories of the Kindertransport, unter: www.imdb.com, abgerufen am 29. Dezember 2021
  6. Sabine Brüning, Peter Merseburger: Als sie nicht mehr deutsch sein durften. Über die Kindertransporte nach England. Dokumentarfilm. Sender Freies Berlin 1989
  7. „Kindertransport“ vom National Holocaust Centre & Museum in Nottinghamshire, England, unter: www.holocaust.org.uk/kindertransport
1 Die Begriffe „Kindertransport“ und „Kind“ sind in England feste Bezeichnungen für die von der Aktion betroffenen Personen.
2 Als die „Jüdische Gemeinde“ ist die im September 1933 gegründete „Reichsvereinigung der deutschen Juden“ anzusehen.
3 Das RCM ging aus dem „Movement for the Care of Children from Germany“ hervor.
4 Die Jüdin Anna Essinger (1879-1960) war Leiterin und Mitbegründerin des Landschulheim Herrlingen gewesen und hatte 1933 zusammen mit einem Großteil ihrer Schüler in einer Nacht- und Nebel-Aktion Deutschland verlassen und in Otterden bei Faversham, England, ihre Schule neu eröffnet.
5 Dieses Schicksal teilte der Halbbruder von Wolfgang Fliesswasser, Abraham Grossmann, der sich zusammen mit ihm auf einem Kindertransport befunden hatte.
6  Im Alter zwischen 16 und 17 Jahren.
7   1978 Physik-Nobelpreis für die Entdeckung der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung.
8 1998 Chemie-Nobelpreis für die Entwicklung der Dichtefunktionaltheorie, deren Grundlage das Hohenberg-Kohn-Theorem ist.
9 David Cesarani (1956-2015) war ein britischer Historiker, der vor allem zur jüdischen Geschichte und zum Holocaust publizierte. 
10 M. J. Harris/D. Oppenheimer: Kindertransport in eine fremde Welt, Goldmann Verlag München, 2000, S. 42