Vorname Adolf
Nachname Gerson
Geburtsname
Geburtsdatum 03.04.1870
Geburtsort Stralsund
Wohnort(e)
  • Stralsund, Knieperwallstraße 14
Beruf Rohproduktenhändler, Hausbesitzer
Geschäftsadresse Tribseer Straße 22, Stralsund
Familienstand verheiratet
Verwandschaftsverhältnis Ehemann von Johanna Kunreuter (1885-1943), Vater von Nathaniel Heinrich (1920-1943)
Deportation keine
Todesdatum 18.11.1938
Sterbeort Stralsund

Adolf Gerson

Adolf Gerson wurde am 4. Mai 1872 in Stralsund als Sohn des jüdischen Kaufmanns Nathan Gerson (1828-1902) und dessen Ehefrau geboren. Er war das dritte von vier Kindern (Hermann, Helene, Hedwig). Auch die Geschwister lebten hier Zeit ihres Lebens. Ihr Vorfahr, ein Abraham Gerson, ist in den Stadtdokumenten seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgeführt.

Adolf heiratete die aus Frankfurt/Main stammende Johanna Kunreuter und hatte mit ihr einen Sohn, Nathan Heinrich, der am 25. Juli 1920 in Stralsund geboren wurde.

Das Ehepaar Gerson gehörte der Stralsunder Synagogengemeinde an, als dessen Vorsteher Adolf in den Jahren vor 1934 fungierte. Der Altwaren- und Kohlenhändler Adolf Gerson war ein angesehener Mann und zählte zu den reichsten jüdischen Bürgern in Stralsund. Neben seinem Wohnsitz, der Knieperwallstraße 14, gehörten ihm 1938 die Tribseer Straße 53, das spätere „Judenhaus“, ein Speicher im Katharinenberg 30, das Haus Henning-Mörder-Straße 3 und das Haus Tribseer Straße 22, in dem sich sein Geschäft befand.

Die Erlebnisse nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und der Reichskristallnacht förderten seinen raschen Tod. Adolf Gerson starb am 18. November 1938 in Stralsund an Herzversagen.

Mit der „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“ vom 26. April 1938 für Vermögen mit einem Gesamtwert von mehr als 5.000 Reichsmark und der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ vom 12. November 1938 schufen die Nationalsozialisten die Grundlage für die Zwangsenteignung der jüdischen Besitztümer. Johanna Gerson gelang es nach dem Tode ihres Mannes, einen Teil des Immobilienbesitzes zu verkaufen. Das machte sie allerdings nicht reich, denn jüdische Verkäufer war per Verordnung gezwungen, die vollen Lasten des Verkaufes zu tragen und eine „Judenvermögensabgabe“1 zu zahlen.

Die Tribseer Straße 22 und die Henning-Mörder-Straße 3 waren begehrte Grundstücke. Anfang April 1939 erwarb sie der Hotelbesitzer Otto Witt, der hier sein Hotel „Zur Post“ in der heute existierenden Größe einrichtete. Den Tribseer Damm 53 durfte Johanna nicht verkaufen, da hier das „Judenhaus“ der Stadt untergebracht werden sollte und die Stadt sich den Unterhalt des Gebäudes sparen wollte2.

Mit der eigentlichen Geschäftsabwicklung per Versteigerung wurde der Stralsunder Bücherrevisor Erich Fischer beauftragt. Sie wurde erst im Juni 1940 abgeschlossen. Das Schreiben der Ortspolizeibehörde mit der Abschlussrechnung an Johanna Gerson weist einen Betrag von 82,92 Reichsmark nach Abzug der Judenvermögenssteuer aus. Selbst dieser kleine Betrag wurde nicht direkt an die Witwe ausgezahlt, sondern ging auf ein sogenanntes „Sicherungskonto“, auf das sie selbst keinen Zugriff hatte. Johanna Gerson und ihr Sohn waren zu diesem Zeitpunkt bereits nach Berlin gezogen und lebten dort bei der Familie Loewy in der Passauer Straße 16.

Am 19. Februar 1943 wurden Johanna und ihr Sohn mit dem 29. Osttransport ab Berlin ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert und dort umgebracht. In den Deportationslisten erscheint als ihr letzter bekannter Wohnort die Spichernstraße 17 in Berlin.

Adolf Gersons Bruder Hermann und seine Schwester Hedwig verstarben bereits 1932 und 1933 in Stralsund. Die Schwester Helene blieb nach Adolfs Tod in der Nähe seiner Ehefrau und wurde mit der ersten Deportation Stralsunder Juden am 12. Februar 1940 nach Piaski deportiert und starb dort im Mai des gleichen Jahres.

Quellen:

  1. Geburtenbücher Stralsund
  2. Sterbebücher Stralsund
  3. Wohnungsanzeiger Stralsund
  4. Stadtarchiv Stralsund, Rep. 18, Nr. 435, 436, 440, 1259
  5. Stadtarchiv Stralsund, Rep. 24, Nr. 4588, Erteilung von Genehmigungen für Grundstücksverkäufe gem. Gesetz über die Aufschließung von Wohnungsgebieten

1 Die „Judenvermögensabgabe“ war eine willkürliche Sonderabgabe, die von den Nazis nach dem Attentat Herszel Grynszpans auf Hitler festgesetzt wurde. Sie beruhte auf der „Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit“ (RGBl. I S. 1579) vom 12. November 1938.
2 Siehe Dokumente