Vorname | Arnold |
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Nachname | Wolff |
Geburtsname | |
Geburtsdatum | 02.05.1884 |
Geburtsort | Waldow (Waldowo), Pommern, heutiges Polen |
Wohnort(e) |
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Beruf | Kassenführer (i.R.), Hausbesitzer |
Geschäftsadresse | Allgemeine Ortskrankenkasse |
Familienstand | verheiratet |
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Verwandschaftsverhältnis | Ehemann von Martha Bindernagel (1884-1966) |
Deportation | keine, Überlebender |
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Todesdatum | 09.10.1953 |
Sterbeort | Stralsund |
Familie Arnold Wolff
Arnold Wolff wurde am 2. Mai 1884 in Waldowo (Waldow bei Stargard), Pommern, in Polen als Sohn von Ludwig/Louis Wolff (1838-1894) und der Nichtjüdin Wilhelmine Emilie Zybell1 geboren. Im Adressbuch der Stadt Teterow ist Louis Wolff als Gastwirt am Malchiner Damm 850, heutiger Malchiner Straße 93, erstmals im Jahre 1893 verzeichnet.
Arnold wurde nicht jüdisch erzogen, sondern evangelisch getauft. Nach dem Schulabschluss arbeitete als Bierverleger in Teterow. In der ersten Jahreshälfte 1910 heiratete er die nichtjüdische Stralsunderin Martha Minna Auguste Bindernagel (1884-1964). Sie war die Tochter des Nichtjuden Albert Wilhelm Theodor Bindernagel und seiner Ehefrau Friederike Marie Sofie Segert; beide 1910 wohnhaft in der Tribseer Str. 25 in Stralsund. Marthas Vater war als Aufseher im Städtischen Arbeits- und Siechenhaus 2 tätig. Martha erlernte nach Beendigung der Schule den Beruf einer Kassiererin. Wo sie arbeitete, konnte nicht ermittelt werden. Das junge Ehepaar zog ebenfalls in die Tribseer Straße 25.
Vom 1. März 1924 arbeitete Arnold Wolff als Kassenführer in verantwortlicher und leitender Position bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse Stralsund. 1926 baute er gemeinsam mit dem Stadtsekretär Paul Kuphal ein Doppelhaus in der Barther Straße 34, die gerade erschlossen wurde. In diesem lebte er mit seiner Familie bis zu seinem Tode.
Einige Zeit arbeitete er im Vorstand der „Vorpommern GmbH“ mit, die die SPD-nahe Zeitung „Der Vorpommer“3 herausgab.
Die Verhaftungswelle der Nationalsozialisten unter deren politischen Gegnern bei ihrem Machtantritt erfasste Arnold Wolff nicht. Die Ehe mit einer Nichtjüdin und die Tatsache, dass auch seine Mutter nichtjüdisch war, bewahrte ihn wahrscheinlich vor der Deportation. Allerdings erscheinen beide auf der Liste der NS-Verwaltung zu den Stralsunder Juden und ihren Ehepartnern vom Dezember 1938.
1940 zieht sein Schwiegervater mit in das Haus Barther Straße 34. Das von Arnold Wolff gebaute Haus steht heute nicht mehr. Es wurde im März 1996 abgerissen und anderthalb Jahre später durch einen Neubau ersetzt.
In einem Brief des Vorstandes der Allgemeinen Ortskrankenkasse an das Versicherungsamt Stralsund bezüglich ihrer Personalbesetzung wird das Dienstalter von Arnold Wolff rückwirkend ab dem 1. März 1914 datiert, „…unter Anrechnung seiner früheren Berufstätigkeit. Wolff war ca. 5 Jahre bei der Stadtbehörde und ca. 10 Jahre im kaufmännischen Berufe als Angestellter in leitenden Stellungen tätig. Wolff war ca. 2 Jahre Vorsitzender der Kasse und außerdem 1 ½ Jahre Leiter einer Filiale einer Ersatzkasse.“4
Ende Mai 1932 nahm Arnold Wolff als Vertreter der Stralsunder AOK an der Tagung der Landesversammlung des Landesverbandes Pommern des Hauptverbandes deutscher Krankenkassen e.V. in Cammin teil. Das er aber seit Januar 1933 auf der Grundlage der nationalsozialistischen Gesetze Repressalien am Arbeitsplatz ausgesetzt war, verdeutlicht u. a. die Tatsache, dass er Ende 1933 nicht mehr auf der Vorschlagsliste für die zu berufenden Vollzugs- und Vollstreckungsbeamten der AOK auftaucht, zwei Monate davor aber dort genannt worden war.
Mit dem 1. Januar 1935 werden sämtliche Vorstandsmitglieder der gesetzlichen Ortskrankenkassen wegen politischer Untragbarkeit5 entlassen und ein ehrenamtlicher Kommissar eingesetzt. Einen direkten Nachweis über die Entlassung von Arnold Wolff gibt es in den überlieferten Akten nicht. Aber sowohl sein familiärer Hintergrund als auch seine Mitgliedschaft in der Ortsgruppe der SPD, in der er organisiert war6, empfahlen ihn unter nationalsozialistischen Verhältnissen nicht für die Weiterbeschäftigung.
Ein mögliches Indiz auf ein vorzeitiges Beenden seines Beschäftigungsverhältnisses findet sich in den Wohnungsanzeigern von Stralsund. Die Jahre bis 1935 weisen ihn als „Kassenführer“ oder als „Geschäftsführer“ aus. Ab 1937 wird seinem Beruf ein „i.R.“ angefügt, damit deutlich vor dem eigentlichen Rentenalter. Auch ist aus den Akten ersichtlich, dass mit Jahresbeginn 1935 der ehemalige Kassenführer Dormann aus der Stadt Naugard, heute Nowogard in Westpommern, Polen, durch die Gauleitung und die Landesstelle Pommern des Reichsverbandes der Ortskrankenkassen unter Nachweis seiner arischen Abstammung in die Stelle des Kassenführers der Ortskrankenkasse Stralsund eingesetzt wurde.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Arnold Wolff in der SPD mit, trat aber 1946 aus der bereits geschaffenen SED7 aus. Diese Tatsache erfahren wir aus einer nach dem II. Weltkrieg abgefassten Einschätzung zur Person Arnold Wolff durch den ersten Bürgermeister Stralsunds, Otto Kortüm, einem langjährigen SPD-Mitglied.
Arnold Wolff starb am 9. Oktober 1953 in Stralsund. Seine Ehefrau überlebte ihn weitere 11 Jahre. Sie
starb am 18. Juni 1964 im Krankenhaus am Sund in Stralsund. Über Kinder ist nichts weiter
bekannt.
- Quellen:
1) StA Stralsund, Wohnungsanzeiger Stralsund 1910-1951
2) StA Stralsund, Geburten-, Ehe- und Sterberegister
3) StA Stralsund, Rep. 24, Nr. 155 – Barther Straße
4) StA Stralsund, Rep. 32, Nr. 231, 237, 217, 233, 236, 228 – Zu den Leitern und Angestellten der Ortskrankenkassen, u.a.
5) Michael Buddrus/Sigrid Fritzlar: Juden in Mecklenburg 1845-1945, 2 Bde., Druckerei Weidner GmbH Rostock, Schwerin, 2019
6) StA Stralsund, NGenz
7) Stephanie Patrizia Mählmann: „Der Vorpommer“, unter www.stadt-Barth.de/barth-Lexikon, abgerufen am 18. Juni 2024
8) StA Stralsund, Rep. 25, Nr. 30, Niederschrift der Tagung der Landesversammlung des Landesverbandes Pommern des Hauptverbandes deutscher Krankenkassen e.V. in Cammin im Kurhaus, 29. Mai 1932
1 Es taucht amtlich auch die Schreibweise Ziebell auf.
2 Ebenfalls an der Adresse Tribseer Straße 25.
3 „Der Vorpommer“ wurde 1919 gegründet. Der Hauptsitz mit Druck und Verlag befand sich zuerst in der Böttcherstraße 1, später dann in der Volksdruckerei GmbH am Alten Markt 9 in Stralsund, mit Filialen in Barth, Demmin und Bergen. Am 28. Februar 1933 wurde „Der Vorpommer“ von den Nationalsozialisten verboten.
4 Blatt 44, Brief vom 20. Mai 1924, StA Stralsund, Rep. 32, Nr. 217. Diese Einstufung wurde 1934 wieder zurückgenommen. Dort taucht als Eintrittsdatum in die Kasse der 1. März 1924 auf. So gelesen auf Blatt 49 in Rep. 32, Nr. 236, Planstellenfestsetzung der Allgemeinen Ortskrankenkasse Stralsund.
5 Die Vorstandsmitglieder waren durchweg Sozialdemokraten und gehörten dieser Partei an.
6 Die Tatsache, dass Arnold Wolff Mitglied der SPD war, beschreibt der erste Bürgermeister
Stralsunds nach dem Zweiten Weltkrieg, Otto Kortüm. Siehe dazu Quelle 6.
7 SED=Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, entstanden 1946 aus dem Zusammenschluss SPD und KPD.