Vorname | Bärbel, geb. Cohn |
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Nachname | Beyer |
Geburtsname | Cohn |
Geburtsdatum | 08.12.1936 |
Geburtsort | Berlin |
Wohnort(e) |
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Beruf | Kauffrau für Flachglas und Keramik, Büroangestellte |
Geschäftsadresse | Senat Berlin, Entschädigungsamt |
Familienstand | verheiratet |
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Verwandschaftsverhältnis | Tochter von Heinrich Cohn (1900-1961) und Lucie Genzen (1905-1953), Mutter 1 Sohnes |
Deportation | Keine, Leben in der Illegalität, Überlebende |
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Todesdatum | |
Sterbeort |
Bärbel Beyer-Cohn und Familie
Bärbel Beyer-Cohn ist die älteste Tochter des Stralsunder jüdischen Kaufmanns Heinrich David Cohn (1900-1961) und seiner nichtjüdischen Frau Lucie Genzen (1905-1953) und wurde am 8. Dezember 1936 in Berlin geboren. Bärbel wurde evangelisch getauft.
Ihre Eltern waren 1935 aus Stralsund nach Berlin gezogen, weil Heinrich David Cohn nach seiner Rückkehr aus den Niederlanden kein Wohnrecht mehr für Stralsund bekam. Er fand in Berlin Arbeit als Hausierer für eine jüdische Blindeneinrichtung, ging von Tür zu Tür und verkaufte Bürsten und Besen. Später musste er Zwangsarbeit im Bauwesen und der Rüstungsindustrie leisten. Da die Mutter ebenfalls einer Beschäftigung nachging, wurde Bärbel in den ersten Lebensjahren zumeist von ihrer Großmutter mütterlicherseits betreut, die zwar in Stralsund ansässig, aber lange Zeit in Berlin bei ihrer Tochter lebte.
Als Bärbel das Schulalter erreichte, entschied die Mutter, sie nicht in Berlin einzuschulen, weil die Gefahr einer gemeinsamen Deportation mit jüdischen Klassenkameraden zu groß war. Bärbel ging mit ihrer Großmutter nach Stralsund und lebte dort, illegal, bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Wenn Razzien anstanden, erfuhr ihre Großmutter davon und brachte sie zu einem Bauern in das benachbarte Brandshagen. Ein Schulbesuch war unter diesen Umständen nicht möglich.
Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam ihre Mutter, damals hochschwanger, wieder nach Stralsund zurück und brachte hier ein zweites Mädchen zur Welt, das aber kurz nach der Geburt starb. Der Vater floh bei Beginn der Bombardierungen aus Berlin. Die Befreiung erlebte die gesamte Familie in Stralsund bei der Großmutter. Ab 1945 wohnte die Familie im Carl-Heydemann-Ring 32.
Nach Kriegsende wurde Bärbel eingeschult und erhielt zusätzlich Privatunterricht, so dass sie nach 2 Jahren ihre reguläre Klassenstufe erreichte. 1950 zog die Familie zurück nach Berlin. Hier besuchte sie die Volksschule und später ein Gymnasium. Die Situation der Familie war nicht leicht: der Vater hatte nicht sofort Arbeit, 1951 erlitt er außerdem einen Herzinfarkt. Die Mutter, die mit einem ganztägig geöffneten Tabakwarenkiosk die Familie ernährte bis ihr Mann endlich eine Arbeitsstelle fand, starb 1953. Auch Bärbel arbeitete nach der Schule für einen geringen Stundenlohn, um das Überleben der Familie sichern zu helfen. Nach dem Tod der Mutter übernahm Bärbel Aufgaben einer Sprechstundenhilfe in der Praxis ihres Onkels. Ihre erste Lehre zur Elektroassistentin konnte sie wegen langer Krankheit nicht beenden und begann nach ihrer Genesung Anfang September 1955 eine zweite Ausbildung zur Großhandelskauffrau für Flachglas und Keramik, die sie vorzeitig und erfolgreich abschloss. Ebenfalls in diesen Jahren (1954) schloss sie sich den Falken, der sozialistischen Jugendorganisation an und erwarb dort den Jugendgruppenleiterausweis, betreute Zeltlager und war mit Delegationen im In- und Ausland – auch in Auschwitz, Birkenau und Bergen-Belsen – unterwegs. Während ihrer Ausbildung lernte sie ihren späteren Mann kennen, den sie 1959 heiratete.
1957 nahm Bärbel Beyer-Cohn eine Tätigkeit beim neu eingerichteten Entschädigungsamt, einer Abteilung des Berliner Senats für Inneres, an und arbeitete hier die nächsten zehn Jahre. 1967 schied sie aus gesundheitlichen Gründen aus. Nach dem Ausscheiden aus dem Entschädigungsamt übte sie zahlreiche ehrenamtliche Tätigkeiten aus, u.a. als Schöffin beim Landgericht Berlin und als Landesvorsitzende und Stellvertretende Bundesvorsitzende der Liberalen Demokraten. Die Liberalen Demokraten gründeten sich am 28. November 1982 durch die Deutschen Jungdemokraten, der Jugendorganisation der FDP.
Bärbel Beyer-Cohn lebt heute in Berlin und hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Kontakt zu Schülerinnen und Schülern zu suchen, um mit ihnen über die Vergangenheit zu sprechen.
“Nur mit der Erinnerungsarbeit können wir helfen, zu verhindern, dass der aufkeimende Antisemitismus noch einmal diese Richtung einschlägt. Das ist mein größter Wunsch.“
Quellen:
- „DAS DARF NIE VERGESSEN WERDEN!“ Zeitzeugin BÄRBEL BEYER-COHN lässt die Erinnerungen lebendig werden.Eine Zusammenstellung ihrer aktiven ERINNERUNGSARBEIT. 7.Mai 2020, abrufbar unter: www.youtube.com
- Familienchronik der Keibel-Cohns
- Internetauftritt der Liberalen Demokraten, www.liberale-demokraten.de, abgerufen am 26. Febrar 2023