Vorname Otto
Nachname Bremer
Geburtsname
Geburtsdatum 22.11.1862
Geburtsort Stralsund
Wohnort(e)
  • Stralsund, Külpstraße 15
  • Halle/Saale, Wittekindstraße 10a
Beruf Prof. Dr. phil., Philologe und Sprachwissenschaftler
Geschäftsadresse Universität Halle-Wittenberg
Familienstand verheiratet
Verwandschaftsverhältnis Ehemann von Karoline Lange, geb. Brömel (Jg. 1869), Stiefvater 1 Tochter ud 1 Sohnes (1894-1915), Vater 1 Tochter (Jg. 1907)
Deportation keine
Todesdatum 08.08.1936
Sterbeort Halle/Saale

Otto Bremer

Otto Bremer wurde am 22. November 1862 als Sohn des jüdischen Buchhändlers Siegmund Bremer (1832-1905) und dessen Ehefrau Anna David (1833-1901) in Stralsund geboren. Otto war das älteste der drei Kinder des Ehepaares und verlebte seine Kindheit und Jugend in der Hansestadt, wo er am 12. Oktober 1873 getauft und fünf Jahre später auch konfirmiert wurde.

Otto Bremer besuchte zwischen 1871 und 1881 das städtische Gymnasium. Von 1881 bis 1886 studierte er Philologie und vergleichende Sprachwissenschaften in Berlin, Heidelberg und Leipzig. Nach dem Abschluß seines Studiums kehrte er nicht nach Stralsund zurück, sondern ließ sich in Halle nieder.

In Leipzig promovierte er am 11. August 1885 zum Dr. phil. Drei Jahre später habilitierte Otto Bremer an der Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg und erhielt dort die „Lehrberechtigung für deutsche Sprache und Literatur“.

Mehr als elf Jahre lehrte Dr. Bremer als Privatdozent am Deutschen Seminar der Universität Halle. Erst am 21. Dezember 1899 wurde ihm der Professorentitel verliehen, der ihm allerdings keine feste Stelle an der Fakultät sicherte. Es bedurfte mehrmaliger Anträge der Fakultät beim zuständigen Minister, bis 1904 seine Ernennung zum beamteten außerordentlichen Professor für das Lehrgebiet „Germanische Philologie“ erfolgte. In den Folgejahren wurde dieses umbenannt in „Phonetik und allgemeine Sprachwissenschaft“ (zwischen 1910 und 1918) bzw. „Phonetik, allgemeine Sprachwissenschaft und deutsche Mundartkunde“ (1919). Kurz vor dem Ende des Wintersemesters 1927/28[1] wurde Otto Bremer zum ordentlichen Professor ernannt. Damit war sein zuvor gestellter Antrag auf Pensionierung hinfällig und er wurde zum 1. April 1928 ordnungsgemäß emeritiert. Die Emeritierung sicherte ihn nicht nur in ruhigen Zeiten in finanzieller Hinsicht ab, sondern vor allem auch in den Jahren unmittelbar nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten[2].

Das Tätigkeitsfeld von Prof. Bremer war außerordentlich vielseitig. Er lehrte neben germanischer Altertumskunde auch Altnordisch und Friesisch sowie niederdeutsche-deutsche Mundarten und wurde für seine wissenschaftlichen Leistungen von Gelehrtengesellschaften und Vereinen in Leeuwarden und Siebenbürgen[3] geehrt. Mehr als fünfzehn Jahre[4] war er Vorsitzender des halleschen Zweiges des „Deutschen Sprachvereins“. Eine seiner wichtigsten wissenschaftlichen Ergebnisse war die Einrichtung des „Schallarchivs“[5] (1910), in dem Mundarten per Tonaufnahme konserviert wurden.

Am 17. April 1906 heiratete Otto Bremer die Nichtjüdin Karoline Lange, geb. Brömel[6]. Sie brachte einen Sohn und eine Tochter mit in die Ehe. Der Sohn, Arno Lange, geboren am 7. Januar 1894, nahm als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und kehrte von dort nicht mehr zurück. Er wurde staatlicherseits mit dem Todestag 26. April 1915 für tot erklärt. Das dritte Kind des Ehepaares, die gemeinsame Tochter Elfriede, geboren am 9. März 1907, studierte Medizin, arbeitete danach als Ärztin und trug nach ihrer Eheschließung den Familiennamen Hintze.

Otto Bremer war lange Jahre Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei. Sowohl in Vorträgen als auch in seinen Publikationen vertrat er vehement die Positionen der national gesinnten Konservativen. Bereits während des Ersten Weltkrieges reiste er im Auftrag des Ausschusses für Soldatenheime an die Ost- und Westfront und hielt dort Vorträge zu Themen, wie „Was ist deutsch?“, „Die Völker und Sprachen Europas“ oder auch „Die Zukunft des Deutschtums“.

1934 brach eine Krebserkrankung bei ihm aus, die ihn nicht nur gesundheitlich stark mitnahm, sondern im weiteren Verlauf auch seine bereits bestehenden finanziellen Probleme weiter verschärfte. Dazu kamen nach dem Inkrafttreten des „Gesetz(es) zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 und einer wahrscheinlichen Denunziation, die seine  jüdische Abstammung betraf, der Entzug der Lehrbefugnis und des Professorentitels zum 31. Dezember 1935.

Prof. Otto Bremer starb am 8. August 1936 in Halle und wurde auf dem Gertraudenfriedhof begraben.

Quelle:

  1. Stadtarchiv Halle, Sterbebücher 1936, Nr. 2058
  2. Stadtarchiv Stralsund, Wohnanzeiger Stralsund, 1864-1905
  3. Adressbücher Halle, 1888-1936
  4. Archiv der Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg, Rep. 40-VI, Nr. 1
  5. Hans-Joachim Solms: Otto Bremer (1862-1936). Ein jüdischer Germanist an der Universität Halle, erschienen in: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte, Band 20, Hrsg. von Stiftung Mitteldeutscher Kulturrat, 2013, Monumente-Publikationen, S. 76-84
  6. Stadtarchiv Dresden, Eheurkunde Nr. 60/1906
  7. Artikel „Eine emotionale Reise zu den Vorfahren“, unter: www.campus-halensis.de/artikel/eine-emotionale-reise-zu-den-vorfahren, abgerufen am 31.08.2023
  8. Friedemann Stengel (Hrsg.): Ausgeschlossen. Die 1933-1945 entlassenen Hochschullehrer der Universtät Halle-Wittenberg, Halle 2016, S.41-51
  9. „Otto Bremer“ in: www.catalogus-profesorum-halensis.de, abgerufen am 31.08.2023

[1] Am 13. März 1928.
[2] Die Maßnahmen des „Reichsbürgergesetzes“ vom 14. November 1935 – dramatische Reduzierungen der Bezüge jüdischer Beamter – wurden anfänglich für emeritierte Hochschullehrer ausgesetzt.
[3] 1888 wurde er auswärtiges Mitglied der „Friesch Genootschap van geschied- oudheid- en taalkunde“ und 1892 des „Selskip for Fryske taal- en skriftenkennisse“ in Leeuwarden, 1903 Ehrenmitglied des „Vereins für siebenbürgischen Landeskunde“.
[4] Bis zum Jahr 1925.
[5] Heute Teil der „Phonetische Sammlung“ des Seminars für Sprechwissenschaft und Phonetik der Universität Halle-Wittenberg.
[6] Geboren am 9. Mai 1869 in Thaiden/Hessen.