Vorname Pinkus Paul
Nachname Eckdisch
Geburtsname
Geburtsdatum 09.06.1909
Geburtsort Stralsund
Wohnort(e)
  • Stralsund, Heilgeiststraße 40
Beruf Kaufmann Herrenartikel
Geschäftsadresse Heilgeiststraße 40, Stralsund
Familienstand verheiratet
Verwandschaftsverhältnis Ex-Ehemann von Salomea Kornblum (1913-2003), Ehemann von Florence Grünspan (1959-1999), Vater von Mary Knaack (geb. 1938) und Michael (1948-1967)
Deportation keine, Flucht in USA, Überlebender
Todesdatum 2000
Sterbeort Miami, USA

Pinkus Eckdisch und Familie

Pinkus Eckdisch war der älteste Sohn des jüdischen Kaufmanns Salomon David Eckdisch (1883-1940) und seiner Ehefrau Syma, geb. Brandwein (1879-1941). Salomon und Syma betrieben in der Frankenstraße 11 seit 1911 ein Konfektions- und Schuhwarengeschäft sowie eine Pfandleihe. Drei Jahre vorher war das Ehepaar nach Stralsund gezogen, wo Pinkus am 9. Juni 1909 geboren wurde. 1910 und 1916 folgten seine beiden Brüder, Max und Martin.

Pinkus besuchte die Schule in Stralsund und erbte von seinen Eltern das Interesse und die Begabung für das Geschäftliche. Ab 1935 war er in den Adressbüchern der Stadt als Kaufmann für Herrenartikel mit der Adresse Heilgeiststraße 40 verzeichnet. Dieses Gebäude befand sich seit 1927 im Eigentum der Familie Eckdisch1. 1937 heiratete Pinkus die aus Krakow, Polen, stammende Salomea Kornblum (1913-2003). Am 6. August 1938 wurde ihre gemeinsame Tochter Mary-Ruth in Stralsund geboren.

Pinkus Eckdisch und seine Frau waren Mitglieder der Stralsunder Synagogengemeinde.

Bei der Erfassung des Vermögens der Stralsunder Juden2 im Frühsommer 1938 wurde das Eigenkapital der Familie mit 6.392 Reichsmark angegeben. Damit zählten sie zu den begüterten Juden in der Stadt.

Am 10. Oktober 1938 beantragte Pinkus bei der Industrie- und Handelskammer Stettin den Total-Ausverkauf seines Geschäftes. Die Umsätze waren durch die Kennzeichnung als Jüdischer Betrieb3 so weit zurückgegangen, dass ein Fortführen wirtschaftlich als nicht sinnvoll erschien4. Industrie- und Handelskammer und Polizeibehörde genehmigten den Ausverkauf und setzten den Zeitraum 17. Oktober bis 16. Dezember für seine Durchführung fest. Nach Inkrafttreten der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ vom 12. November 19385 änderte sich die Haltung der IHK. In einem Schreiben vom 1. Dezember 1938 forderte sie den Oberbürgermeister als Oberste Polizeibehörde dazu auf, den Ausverkauf unverzüglich zu stoppen. Letzterer weist Pinkus am 2. Dezember an, sein Geschäft zu schließen6. Diese Aktion und die wachsenden Repressalien gegen die Juden, die im November 1938 einen Höhepunkt in der Kristallnacht fanden und bei denen auch die Scheiben und Fenster der Heilgeiststraße 40 dem Mob zum Opfer fielen7, veranlassten Pinkus, sich ab Januar 1939 um die Auswanderung seiner Familie zu kümmern.

Im Dezember 1938 stellen Salomea und Pinkus für die knapp 4 Monate alte Mary-Ruth den Antrag auf Eintragung eines zusätzlichen, sie eindeutig als Juden kennzeichnenden Vornamens. Beide Frauen führen ab dann zwangsweise den zweiten Vornamen “Sara”.

Zum Abwickler des Betriebes wurde der Bücherrevisor Erich Staebe bestellt, der am 24. Januar 1939 dem Oberbürgermeister den Vollzug meldete und am 8. März 1939 Pinkus Eckdisch den Restbetrag der Abwicklung in Höhe von 1.714,38 Reichsmark auszahlte8. Die polizeiliche Abmeldung des Geschäftes erfolgte am 13. Februar 1939.

Am 15. November 1939 verließ Pinkus Eckdisch mit seiner Frau Salomea und der Tochter Mary-Ruth Deutschland und ging in die Vereinigten Staaten. Er ließ sich mit seiner Familie in Chicago, Illinois nieder.

Nach der Scheidung von Salomea heiratete Pinkus Florence Grünspan (1918-1999) und zog später nach Miami in Florida. Sein Sohn Michael kam 1948 noch in Chicago zur Welt. Seine Tochter Mary Ruth studierte und lebt heute als Herausgeber einer Zeitschrift über Stadtplanung und -architektur in Chicago, Illinois.

Quellen:

  1. Stadtarchiv Stralsund, Wohnungsanzeiger Stralsund 1900-1939
  2. Stadtarchiv Stralsund, Rep. 24, Nr. 4588, Erteilung von Genehmigungen über Grundstücksverkäufe, Februar 1939 bis Februar 1942
  3. Stadtarchiv Stralsund, Rep. 18, Nr. 432, 440, 435, 437, 442, 439
  4. Stadtarchiv Stralsund, Geburtenregister 1909, 1938
  5. Stadtarchiv Stralsund, Rep. 24, Nr. 4592

1 siehe dazu: Wohnungsanzeiger 1900 bis 1939
2 auf der Grundlage der “Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden. vom 26. April 1938, RGBl 1938, Teil I
3 auf der Grundlage der „Verordnung über die Kennzeichnung jüdischer Geschäfte“ vom 14. Juni 1938
4 siehe dazu: Stadtarchiv Stralsund, Rep. 18, Nr. 437, Blatt 10.
5 veröffentlicht im Reichsgesetzblatt 1938, Teil I
6 siehe Stadtarchiv Stralsund, Rep. 18, Nr. 439
7 Im Stadtarchiv findet sich die Rechnung des Glasermeisters Voigt, der später neue Scheiben lieferte.
8 Bei einem ehemals vorhandenen Warenlager im Wert von ca. 13.000 Reichsmark.